Der Wartungserlass enthält auch weitere klarstellende Aussagen zur Abgrenzung Alt- bzw. Neuvermögen.

Rz 6103k: Die Besteuerung von Kryptowährungen in der Fassung ÖkoStRefG 2022 Teil I tritt grundsätzlich mit 1. März 2022 in Kraft. Zu beachten ist jedoch, dass die generelle Besteuerung von Substanzgewinnen nur nach einem bestimmten Stichtag entgeltlich erworbenes „Neuvermögen“ betrifft. Die Bestimmung ist erstmals auf Kryptowährungen anzuwenden, die nach dem 28. Februar 2021 angeschafft wurden. Kryptowährungen, die davor angeschafft wurden, unterliegen als „Altvermögen“ nicht dem neuen Besteuerungsregime. Dabei gilt:

  • Werden Kryptowährungen, die vor dem 1. März 2021 angeschafft wurden, nach dem 28. Februar 2022 zur Erzielung laufender Einkünfte aus Kryptowährungen gemäß § 27b Abs. 2 oder zum Erwerb von Kryptowährungen gemäß § 27b Abs. 2 zweiter Satz verwendet, ist bereits § 27b Abs. 2 anzuwenden und die erworbenen Kryptowährungen gelten als nach dem 28. Februar 2021 angeschafft. Die erworbenen Kryptowährungen stellen Neuvermögen dar. Die Altvermögenseigenschaft der bisherigen Kryptowährungen bleibt erhalten.
  • Da ab dem 01.03.2022 eine Kryptowährung nicht mehr zur Erzielung von Einkünften im Sinne des § 27 Abs 2 EStG genutzt werden kann, kann die Veräußerung von vor dem 01.03.2021 erworbenen Kryptowährungen („Altvermögen“) ab diesem Zeitpunkt ausschließlich zu Einkünften im Sinne des § 31 EStG führen; eine Besteuerung im Rahmen der Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen gem. § 27 Abs 3 EStG ist nicht mehr möglich. Werden im Betriebsvermögen gehaltene, vor dem 01.03.2021 erworbene Kryptowährungen (betriebliches Altvermögen) veräußert, ist der besondere Steuersatz nicht anzuwenden.
  • Werden Kryptowährungen nach dem 31. Dezember 2021 und vor dem 1. März 2022 steuerpflichtig realisiert (insbesondere durch Veräußerung oder Tausch), können die daraus resultierenden positiven oder negativen Einkünfte auf Antrag des Steuerpflichtigen bereits als Einkünfte im Sinne des § 27b EStG 1988 behandelt werden. Dadurch soll einerseits der Sondersteuersatz bereits zur Anwendung gelangen und andererseits eine Verrechnung im Rahmen des Verlustausgleichs mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen ermöglicht werden, die im Kalenderjahr 2022 erzielt werden. Die Optionsmöglichkeit gilt dabei gleichermaßen für Kryptowährungen des Alt- und des Neuvermögens. Die Frage, ob ein steuerpflichtiger Realisationsvorgang vorliegt, ist jedoch stets nach der alten Rechtslage (§ 31 EStG) zu beurteilen. Kommt es nach der alten Rechtslage im Jänner 2022 oder Februar 2022 zu steuerpflichtigen Einkünften, kann auf diese (nach der alten Rechtslage ermittelten) Einkünfte bereits die Neuregelung hinsichtlich Sondersteuersatz bzw. Verlustausgleich zur Anwendung gelangen. Damit kommt die Tauschausnahme für den Tausch von Kryptowährungen gegen Kryptowährungen auch bei Inanspruchnahme der Option gemäß § 124b Z 384 lit. c EStG nicht zur Anwendung.

Beispiel 1:

A kauft am 1.6.2021 (Neuvermögen) A-Coins um 100. Am 15.1.2022 tauscht A seine A-Coins gegen B-Coins (gemeiner Wert A-Coins: 150). Es wird ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 50 steuerpflichtig realisiert, weil die Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist des § 31 EStG erfolgt; in die Bestimmung zur Steuerneutralität des Tausches Kryptowährung gegen Kryptowährung kann nicht hineinoptiert werden. Es kommt der progressive Einkommensteuertarif zur Anwendung. Es besteht jedoch die Möglichkeit (Option), die Einkünfte nach § 27b EStG mit dem Sondersteuersatz zu besteuern (27,5% von 50).

  • Auch laufende Einkünfte aus Kryptowährungen sind von der Optionsmöglichkeit des § 124b Z 384 lit c EStG umfasst. Werden daher nach dem 31.12.2021 und vor dem 01.03.2022 Einkünfte aus der Überlassung von Kryptowährungen oder Einkünfte aus Leistungen zur Transaktionsverarbeitung (nach der alten Rechtslage) steuerpflichtig realisiert, kann auf die (nach der alten Rechtslage ermittelten) Einkünfte bereits die Neuregelung hinsichtlich Sondersteuersatz bzw. Verlustausgleich zur Anwendung gelangen. Die Ausnahmebestimmungen des § 27b Abs 2 zweiter Satz EStG (Erwerb von Kryptowährungen im Rahmen von Staking, Airdrops oder Bounties bzw. Hardforks) kommt auch bei der Inanspruchnahme der Option gemäß § 124b Z 384 lit c EStG nicht zur Anwendung.

Unsere Anmerkungen:

Die Aussage, dass in die Bestimmung zur Steuerneutralität des Tausches Kryptowährung gegen Kryptowährung bzw. in die Ausnahmebestimmung des § 27b Abs 2 zweiter Satz EStG (Erwerb von Kryptowährungen im Rahmen von Staking, Airdrops oder Bounties bzw. Hardforks) nicht hineinoptiert werden kann,ist unseres Erachtens nicht im Wortlaut des § 124b Z 384 lit c EStG gedeckt. § 124b Z 384 lit c EStG lautet „Werden Kryptowährungen nach dem 31. Dezember 2021 und vor dem 1. März 2022 steuerpflichtig realisiert, können die Einkünfte auf Antrag des Steuerpflichtigen bereits als Einkünfte im Sinne des § 27b behandelt werden.“ Die Bestimmung verweist auf § 27b EStG, wo auch der steuerneutrale Kryptowährungstausch in § 27b Abs 4 Z 2 EStG und die Ausnahmebestimmung für Staking, Airdrops, Bounties und Hardforks in  (§ 27b Abs 2 zweiter Satz EStG) enthalten ist. Warum eine Option nur in den begünstigten Steuersatz und nicht in die gesamte Bestimmung möglich sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Die geplante Aussage in Rz 6103k widerspricht nicht nur dem klaren Gesetzeswortlaut, sondern konterkariert auch den Zweck der Übergangsbestimmung. Die Optionsbestimmung § 124b Z 384 lit c EStG hat den Zweck, dass für das gesamte Jahr 2022 einheitlich durch Anwendung der Option die neue Rechtlage angewendet werden kann. Dies ist im Sinne einer verwaltungsökonomischen Vorgehensweise erforderlich, da der Steuerpflichtige ansonsten für die Steuererklärung 2022 zwei verschiedene Rechtslagen berücksichtigen müsste. Den Ausführungen im Wartungserlass folgend, hätte der Steuerpflichtige für den Zeitraum 01.01. bis 28.02. sämtliche Tauschvorgänge zwischen Kryptowährungen untereinander darzustellen, was mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre, da die am Markt zur stehenden Krypto-Steuertools für ein und dasselbe Kalenderjahr nicht zwei unterschiedliche Berechnungssystematiken zulassen.

Unser Tipp:

Die Einkommensteuerrichtlinien sind für den Abgabepflichtigen nicht verbindlich. Vertritt der Abgabe­pflichtige eine von den Einkommensteuerrichtlinien  abweichende Rechts­auffassung, so sollte dieser unbedingt seine abweichende Rechtsmeinung inklusive einer Begründung der Behörde offenlegen.

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Disclaimer: Diese Information gibt bloß einen ersten Überblick und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie kann ein ausführliches und individuelles Beratungsgespräch nicht ersetzen. Enzinger Steuerberatung übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit dieser Information.